Strickkurse für Dykes, Kombucha gegen Gentrifizierung oder den Lebensunterhalt mit Sandburgenkunst verdienen: In der Hipsterkünstlerszene von New York – und auch anderen Weltstädten wie London oder Berlin – gibt es gefühlt alles, und mag es noch so abstrus wirken. Mittendrin die Endzwanzigerin Shirin, bisexuell, iranische Eltern und neuerdings Single. Wie ihr schnell klar wird, kann das ganz schön schnell, ganz schön einsam machen, vor allem wenn der Rest des Lebens auch nicht so überragend funktioniert. Was Shirin aus dieser Lage macht und wie es eigentlich dazu kam zeigt Regisseurin, Drehbuchautorin und Hauptdarstellerin Desiree Akhavan (30, bisexuell, iranische Eltern, Single) in ihrem Debutfilm „Appropriate Behaviour“ mit hervorragendem Gespür für Situationskomik und Absurditäten.

Insbesondere die Einführung in Shirins Leben und ihr Umfeld ist unglaublich unterhaltsam und witzig. Sei es der etwas gezwungene Versuch eines sexuellen Rollenspiels mit ihrer Freundin, das Abendessen mit der Familie oder das Treffen mit ihrer besten Freundin im Café: perfekt platziert Akhavan Pointen und beiläufige Witzigkeiten, ohne ins Alberne abzugleiten. Dabei schwingt immer wieder auch eine gewisse soziale Unbeholfenheit mit, die an Frances Ha oder Charaktere aus Woody Allen-Filmen erinnert, aber zugleich doch originell bleibt. Das Mikrouniversum von „Appropriate Behaviour“ wirkt nur selten überkonstruiert, sondern vielmehr sehr nah an der Realität: Leute reden über Artikel aus dem Vice Magazine, Shirin sucht auf OkCupid verzweifelt nach Love Interests und lernt Typen kennen, die sich vor allem durch ihre ach so tollen Tattoos definieren. Mit ihrem sicherlich eigenwilligen Humor nimmt Akhavan vieles davon aufs Korn, tut dies aber auf unaufdringliche Weise. Man wird nicht dazu gedrängt, sich ständig zu beömmeln, bekommt mit diversen Anspielungen aber häufig die Gelegenheit dazu.

Bei aller Lustigkeit hat „Appropriate Behaviour“ natürlich auch einen traurigen und durchaus auch sozialkritischen Kern: All die schwerfälligen Kennenlernversuche machen Shirin nicht wirklich glücklich, der Jobmarkt bietet ihr trotz ihres Masters in Journalismus nur wenig Zuspruch, braucht man in Brooklyn kurzfristig eine bezahlbare Wohnung landet man im Zweifel in einer WG mit noch merkwürdigeren Leuten und will man sich als Iranerin bei ihren Eltern als bisexuell outen, hat man immer im Hinterkopf, dass auf Homosexualität im Iran ja die Todesstrafe steht. Durch die Breite an Themen und Projektionsflächen und der Universalität der gestellten Beziehungsfragen gelingt es Akhavan mit ihrem Film zudem, Personen jedweder Sexualität anzusprechen.
Wie das bei Komödien oft so ist, verliert „Appropriate Behaviour“ in seinem letzten Akt aber leider merklich an Fahrt, zumal mancher Subplot und auch die Hauptgeschichte letztlich nicht genügend erzählerischen Schliff besitzen, um dauerhaft interessant zu bleiben und nicht ins Langweilige oder Überzeichnete abzurutschen. Die erste Stunde des Filmes ist dafür aber – insbesondere für jungerwachsene Großstädter – die vielleicht witzigste Filmstunde des gesamten Jahres.